Mittwoch, 17. November 2010

Urheberrecht


In Facebook breitet sich derzeit eine Invasion an Comicbilder aus. Zehntausende User sind allein in Österreich einem unbekannten Aufruf gefolgt und haben ihr Profilbild mit einem Zeichentrickhelden aus ihrer Jugend ausgetauscht. Was die meisten nicht wissen: Im Grunde ist die Verwendung dieser Bilder rechtswidrig.
Ein Blick auf die eigene Facebook-Freundesliste offenbart die Dimension. Wo sich bis vor wenigen Tagen noch eine Vielzahl an Menschenköpfen tummelten, dominieren heute Biene Maja, Winnie Pooh, Sailormoon und Co das Bild. Die als "Spiel" getitelte Aktion war von 12. bis 18. November angesetzt. Ziel: Statt Menschenbilder soll eine Flut an Kindheitserinnerungen das Portal beherrschen.

Bilder rechtlich geschützt

"Juristisch betrachtet ist die Verwendung dieser Bilder rechtswidrig, da diese rechtlich geschützt sind", erklärt Internet-RechtsexperteJohannes Öhlböck im Gespräch mit der FUTUREZONE. Dass die Rechteinhaber - Film- und Vertriebsstudios - nun aber eine Klagewelle in der Facebook-Community lostreten werden, ist Öhlböck zufolge sehr unwahrscheinlich. "Erstens sind die Personen schon aufgrund des kurzen Zeitraums nur sehr schwer zuordbar und greifbar. Aufgrund der fehlenden wirtschaftlichen Dimension ist der Aufwand zudem viel zu hoch", so Öhlböck.
Anders wäre die Situation allerdings, wenn Facebook-User mit den Comicfiguren kommerzielle Zwecke verfolgen und im großen Stil gebrannte DVDs oder unlizenzierte Vervielfältigungen von Comic-Plakaten über ihre Facebook-Accounts verkaufen würden. "Das Internet ist ja kein rechtsfreier Raum. Insofern muss jeder damit rechnen, dass er für seine Äußerungen und Aktivitäten im Web zur Verantwortung gezogen wird", warnt Öhlböck.
Ob die angesprochenen Filmstudios und Verwertungsgesellschaften gegen die Bilderschwemme vorgehen werden, ist derzeit noch unklar. Entsprechende Anfragen der FUTUREZONE an die betroffenen Rechteinhaber blieben bis dato unbeantwortet.

Gefängnisstrafe wegen Facebook

Dass das Internet, aber gerade auch soziale Netzwerke wie Facebook ein rechtliches Risiko bergen, ist den meisten Usern aber immer noch nicht bewusst. Bereits im August letzten Jahres wurde etwa eine 18-jährige Britin zu einer dreimonatigen Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie gegen eine andere Jugendliche auf Facebook eine Todesdrohung ausgesprochen hatte.
"Gerade bei Schülern und Jugendlichen herrscht leider null Bewusstsein darüber, dass alles, was auf der Facebook-Pinnwand gepostet wird, öffentlich ist", sagt Rechtsanwalt Öhlböck im FUTUREZONE-Interview. "Verleumdung bleibt Verleumdung. Ob ich jemanden lautstark in einem Café beschimpfe oder vor meinen Hundert Facebook-Freunden im Web ist strafrechtlich irrelevant", so Öhlböck.

Datenschützer schlagen Alarm

Abgesehen von der rechtlichen Situation schlagen auch immer mehr Datenschützer wegen der persönlichen Informationsflut auf Facebook Alarm. Erst gestern warnte der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar anlässlich des von Facebook geplanten E-Mail- und Kommunikationsdienstes vor zu viel gespeicherten Informationen bei einem Anbieter.
Neben den persönlichen Informationen, die User über sich selbst preisgeben, stößt gerade aber auch das Kennzeichnen von anderen Personen in Fotos zunehmend auf Unbehagen. "Das Taggen von Menschen - zumeist ohne deren Zustimmung und Wissen - empfinde ich als sehr problematisch", meint auch Jurist Öhlböck. "Der Einzelne hat es damit nicht mehr in der Hand, welche persönlichen Informationen oder Bilder von ihm an die Öffentlichkeit gelangen", so Öhlböck.

Keine Kommentare: