Samstag, 19. Juni 2010

Adrenalin pur!

Wer den absoluten Kick mal haben möchte, braucht nur nach Uganda zu kommen. Nein, nicht um mit dem Gummiseil vom Felsen zu springen, denn das ist ja nur ein kurzer Moment; besser ist, derjenige fährt mit dem Taxi von Mukono nach Jinja oder umgekehrt. Das dauert mal eben etwas mehr als eine Stunde.

Mich erinnert dieser Bericht an einen Witz:
Ein Pfarrer und ein Busfahrer stehen vor der Himmelstür. Der Pfarrer wird weggeschickt. Als er nachfragt, bekommt er folgende Antwort: Bei dir sind die Menschen beim Beten eingeschlafen, aber alle Insassen des Busses fingen zu beten an, wenn er den Bus fuhr.
Nur der Gedanke, dass meine Stunde meines Ablebens in Gottes Hand ist, lies mich ruhig aus dem Fenster blicken. Das was man vorne sah, war haarsträubend und es gab einige Situationen, da passte keine Hand mehr dazwischen. Miriam meinte hinterher auch, dass sie so was schon lange nicht mehr erlebt hatte.

Zwischen den Zeilen habe ich ja schon so manchen Kommentar zum ÖPNV (Öffentlicher Personen Nahverkehr) gemacht. Also erstmal ohne diese Taxis geht hier in Uganda gar nix! Den Eisenbahnverkehr, der einst den Engländern zur Ausbeutung des Landes ("Kolonisation") diente, gibt es quasi nicht mehr. Es fahren sporadisch Güterzüge Richtung Kenia. Die Gleise sind jetzt Fußwege und stören an "Bahnübergängen" eher den eigentlichen Träger des öffentlichen Transportes, die Straße. Wie oben schon mal angedeutet ist Uganda zentralistisch ausgelegt. Somit ist Kampala der größte ZOB (Zentraler Omnibus Bahnhof) des Landes. Genau genommen gibt es zwei: Old und New Taxipark. Hier findet sich das Chaos der Stadt in seiner reinsten Form. Aber es funktioniert, irgendwie und für das Auge eines Europäers unergründlich. Dort stehen, schleichen - es scheinen Hunderte zu sein - diese weißen Kleinbusse, japanischen Fabrikats. Oft auch mit solchen Schriftzeichen versehen. Als Kennzeichen haben sie zudem einen blau-weiß karierten "Gürtel". Wenn man sich auf einen der Taxiparks in Kampala wagt wird man von allen Seiten mit Städtenamen zugedröhnt. Natürlich ist darunter nie der Ort zudem man selbst will. Aber auf Nachfrage erhält man einen freundlichen Fingerzeig in die richtige Richtung, oder wird auch schon mal bis zum Fahrzeug eskortiert. Dann steigt man ein und wartet. Im Taxi wird zuerst mal der Fahrgastnachbar begrüßt bevor man dann Zeitungen, Wasser, Bonbons, Küchlein, Bananen, gefälschte Uhren, Taschentücher usw. unter die Nase gestreckt bekommt. Ist dann das Taxi "voll" kann's losgehen. Sitzplatzmäßig sieht das wie folgt aus. Vorne zweieinhalb, also drei Plätze, einer davon für den Fahrer. Dann folgen im Standardtaxi vier Reihen mit vorgesehen drei Plätzen. Kommen wir mit 2 + 3 mal 4 auf 14 Sitzplätze. So wie es auf der Beifahrertüre steht. Dann kommt noch der Kondukteur dazu, der nimmt später das Geld entgegen. Natürlich werden mit dem Taxi nicht nur Passagiere befördert, sondern die Menschen haben ja meist auch noch was dabei oder extra was in der großen Stadt gekauft. Also werden unter die Sitze Kisten, Maissäcke, Holzstangen, Hühner gesteckt (was die Beinfreiheit oft nicht unerheblich einschränkt). Trotz des Chaos herrscht in der Hauptstadt Recht und Ordnung. Das heißt bei 14 Fahrgästen ist Schluss und es kann losgehen. Dann drückt sich das Taxi durch den Park. Es wird Karosse an Karosse gefahren. Denn jeder will als erster das Tor durchfahren und das eigene Taxi ist natürlich nicht das einzige, das gerade losfährt. Manchmal kann es fast eine Stunde dauern bis das Tor passiert werden kann.




Hier der Bericht eines Muzungus:
Als ich von unserer Rundreise zurückfahren wollte, habe ich die Strecke über Hoima nach Kiboga genommen, da wir aus Richtung Norden kamen. Hoima liegt ungefähr nochmal so weit weg wie Kiboga von Kampala. Die Gegend ist dort noch ländlicher und die Straßen noch schlechter. Im Taxipark von Hoima habe ich schnell das richtige Taxi gefunden. Es gab dort nur ein paar Dutzend. Wir waren auch bald voll. Doch zuerst sind wir kurz tanken gefahren, dann ging's zurück zum Taxipark, wo noch weitere Fahrgäste warteten. Einige von ihnen waren schon zuvor da gewesen, haben aber noch kurz was erledigt. Dann ging's los, aber nicht die Fahrt, sondern das Gezeter, wer zuerst da war und jetzt mitfahren kann. Irgendwie hat man sich geeinigt und wir sind abgefahren. Diesmal mit vier Leuten pro Reihe. Doch kaum haben wir den Taxipark verlassen und sind auf die Straße Richtung Kiboga/Kampala gefahren, habe ich kapiert, wie denn die Einigung aussah. Denn am Straßenrand warteten die übrigen, zunächst zurückgelassenen Fahrgäste. Schlussendlich waren wir 23 Fahrgäste - ohne Fahrer und Kondukteur, sowie Kinder... Ich hatte zum Glück einen relativ komfortablen Fensterplatz in der vorletzten Reihe. In den Reihen vor mir saßen sie aufeinander, sich gegenüber, versetzt... Irgendwie mussten ja alle untergebracht werden. Ob es bei dieser Zahl geblieben ist, kann ich nicht so genau sagen, da wir an jeder Milchkanne, pardon Hühnerstall, gehalten haben und dort einige ausstiegen andere zustiegen. Ich habe irgendwann in dem Gewurschtel um mich herum die Köpfe der zu zählenden Personen schlichtweg nicht mehr erkennen können...

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